GUSTO Restaurant-Empfehlung
Geheimnisse gibt’s bei Sandra und Michael Huber nicht. Sowohl die Weinkarte als auch das Menü sind auf der Website einsehbar – und in beiden Fällen ist gerade jetzt die Preisgestaltung ein Grund zur Freude. Trotz Mehrwertsteuererhöhung und daraus resultierenden allgegenwärtigen Preisexplosionen in der Gastronomie sind nämlich allein die Weine nicht nur für Münchener Verhältnisse äußerst fair kalkuliert. Das keineswegs nur bei deutschen Rieslingen beachtliche, auch in der Jahrgangstiefe ungewöhnlich breite Sortiment, erlaubt es, Große Gewächse und vergleichbar gute Flaschen auch für unter 50 Euro zu trinken. Ganz so günstig sind die Top-Burgunder und -Champagner zwar nicht, aber auch hier kann man noch echte Schnäppchen finden.
Und dass deshalb die Speisen im Ausgleich dazu exorbitant teuer wären, ist zum Glück auch nicht der Fall. Die 127 Euro fürs sechsgängige Menü während unseres jüngsten Besuchs – egal ob vegetarisch oder mit Fleisch und Fisch – waren gemessen an dessen Qualität ein absolut realistischer Preis. Wer jeden Gang von einem passenden Wein begleiten lassen möchte, könnte dies ebenfalls tun, ohne sein Sparschwein schlachten zu müssen: 56 Euro werden dafür in Rechnung gestellt, was aufgrund der ausgeschenkten Qualitäten ebenfalls deutlich günstiger ist als in vielen anderen Restaurants gleichen Kalibers.
Was man für den moderaten Preis bekommt? Eine ganze Menge! Schon die Auswahl an Brot ist umfangreich, integriert Grissini und Schüttelbrot, veganes Schmalz, Estragonbutter und Frischkäse. Die Aufstriche zeigen zudem, dass die Küche keine Routine umsetzt, sondern sich Gedanken macht. Selbiges galt auch für den in Miso geschmorten Lauch samt veganem Kaviar und Lauchstroh, der den Schmelz des gegarten Gemüses mit Säure und knusprigen Akzenten verknüpft.
Auch die Vorspeise mit Saibling, Orange, Edamame und Agoureleo, dem früh geernteten, aus noch nicht ganz reifen Früchten hergestellten griechischen Olivenöl, ist klug konzipiert. Das aus dem Fisch zubereitete Tatar frisch und handwerklich tadellos umgesetzt; Orangenfilets, Edamame und das hellgrüne, intensive Öl fügen ihm wohldosiert fruchtig-pfeffrige Akzente hinzu. Der von uns dazu gewählte Silvaner, ein Großes Gewächs von Wirsching, korrespondiert damit hervorragend, kann aber auch mit dem zweiten Gang mithalten: Beef Tataki mit Rettich und Ponzu sowie weißem Sesam und etwas geröstetem Knoblauch. Ein Gericht, das zwar recht kalt serviert wurde, sich aber dennoch als sehr gelungener Teller mit saftigem, perfekt gegartem Fleisch und sehr feiner, würzig-säuerlicher Marinade entpuppte.
Der danach aufgetragene Skrei ist nicht weniger überzeugend, denn das unspektakulär aussehende Gericht bot wieder tolle Produktqualität, war handwerklich tadellos zubereitet und sehr gut abgeschmeckt. Mit ‘Nduja in der kraftvollen, dichten, aber nicht überlagernden Sauce, drei Sorten Bohnen (weiße, braune, grüne) und einem gebackenen Nori-Blatt, das zwar keine aromatische Entsprechung in den übrigen Zutaten hatte, aber eine herb-würzige Ergänzung war und nebenbei auch noch einen optischen Kontrast setzen konnte.
Die Maispoularde im Hauptgang kam in Gestalt mehrerer Tranchen einer Roulade mit schwarzen Trüffelscheiben unter der knusprigen Haut und in der Mitte des Fleisches daher und wurde von einem Wirsingköpfchen, Schupfnudeln und von hier passenderweise eher milder, leicht fruchtig wirkender, wieder sehr gut abgeschmeckter Jus begleitet. Saftiges Fleisch, merklicher Trüffelgeschmack, akkurat gegarte Beilagen: Was will man mehr?
Vielleicht einen Süßwein zum Dessert! Der glasweise angebotene Merlino von Pojer e Sandri passte wunderbar zum saftigen Schokoladenkuchen mit Passionsfruchteis, karamellisierter Banane sowie Passionsfruchtjus, bei dem Süße und Säure bestens aufeinander eingestellt waren. Apropos: auch die Süßigkeiten zum Abschluss sind mit Bailey’s und Erdnuss aromatisch logisch auf das Menüende abgestimmt und der letzte, abermals sehr erfreuliche Akt eines bis in die Details gelungenen kulinarischen Schauspiels.
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